Ankommen in Deutschland – das war das erste Erzählcafé SPEZIAL in 2020
Das erste Erzählcafé SPEZIAL im neuen Jahr startete mit vielen Gästen und interessanten Themen.
Die Stühle reichten kaum aus im LaLoka, als sich am letzten Januartag alteingesessene und neu hinzugezogene Bewohner*innen zum Erzählcafé SPEZIAL trafen. Anne Haedke, die das Erzählcafé im Stadtteil etablierte und nun auch die neue Reihe moderiert, fragte in die Runde: “Wie lebt es sich in Deutschland?” Als Erstes kam eine Gegenfrage von einer jungen Frau aus Afghanistan, die wissen wollte, ob es hier ein Gesetz gibt, ab welchem Alter Kinder allein bleiben dürfen. Ihre zwei Jüngsten seien noch klein und es wäre anstrengend, sie zum Einkaufen mitzunehmen. Ein Mann aus Syrien glaubte zu wissen – nicht mehr als zwei Stunden und nicht unter sechs Jahren. Da konnten beide beruhigt werden, solch ein Gesetz gibt es nicht, aber es gilt eine Aufsichtspflicht für Eltern. Es entwickelte sich ein Erfahrungsaustausch, bei dem die älteren Besucherinnen des Cafés erzählten, wie sie es bei ihren Kindern gemacht haben. Vor allem nicht die Wohnung abschließen, lautete ein wichtiger Hinweis.
Große Erwartungen an Deutschland
Mitten in der Diskussion erlosch plötzlich das Licht. Huch, was war das? Schnell gingen die Lampen an den Handys an und es zeigte sich, dass die gesamte Straßenseite dunkel war – Stromausfall! …Der neue Leiter des LaLoka, Mohamed Amer von Gemeinsamer Horizont e.V., bemerkte trocken: “Och, das ist ganz normal im Irak.”
Es hatte durchaus etwas Gemütliches, als Anne Haedke die Frage an die Geflüchteten in der Runde stellte: “Was haben Sie sich gewünscht, als Sie nach Deutschland kamen?” Der häufigste Wunsch war der nach Freiheit und Sicherheit, das bestätigten alle der Geflüchteten. Einige konnten aber auch hier studieren, was ihnen zuvor verwehrt wurde. “Und was war das Komischste, was Ihnen in Deutschland begegnete?” Konfusion, Unsicherheit und Unwissen auf den Ämtern. Eine Frau erzählte, dass sie für einen Vorgang Geld bezahlen sollte. “Nein” habe sie geantwortet, das kann nicht sein. Nach einigem Hin und Her stellte sich heraus, dass sie recht hatte. Andere berichteten von verschwundenen Unterlagen und langen Wartezeiten.
Wir müssen einander verstehen
Dann wollten die deutschen Nachbar*innen wissen, wie das mit dem Händeschütteln sei, was ja in Deutschland ganz normal wäre. Sie hätten bemerkt, dass es da Unterschiede bei Männern und Frauen gäbe. Ja, die gibt es durchaus und sie sind für viele Muslime eine religiöse Vorschrift, wobei es regional unterschiedlich gehandhabt wird. Der Respekt werde seinem Gegenüber aber auf andere Weise gezeigt, man müsse das nur verstehen. Es wurde angeraten, abzuwarten, ob beispielsweise eine Hand entgegengestreckt wird oder nicht. Zwar würden sich auch die Geflüchteten der deutschen Kultur anpassen, aber das brauche Zeit, weil man sie ja erst kennenlernen müsse.
Sprache ist das A und O
Überhaupt sei das gegenseitige Verstehen ganz wichtig, da waren sich alle einig. Eine Frau freute sich darüber, dass man sich nun schon so gut unterhalten könne und sich respektiere, auch wenn das noch nicht überall der Fall sei. Es gäbe eben auch noch viele Hürden bei der Integration zu überwinden. “Welche die größten seien?” Die Sprache. Natürlich müsse man Deutsch lernen wollen, das sei nun mal Voraussetzung. Das sei nicht immer einfach, weil gleichzeitig viele Alltagsprobleme gelöst werden müssten wie Job- oder Wohnungssuche. Bemängelt wurde die Qualität der Deutschkurse, sie würden die Sprache oft nur schlecht vermitteln. Deshalb wünschen sich viele der Geflüchteten einen besseren Kontakt zur Nachbarschaft, auch um ihre Sprachkenntnisse zu verbessern.
Ein Anfang wäre das Erzählcafé, da war sich die Runde einig. Die nächste Zusammenkunft ist für den 3. April geplant, Ort und Zeit werden noch bekannt gegeben.